Sind Pferde Einzelgänger? Das Sozialverhalten unter der Lupe

Pferde sind evolutionär darauf ausgelegt, in Herden zu leben. Das bietet ihnen die besten Chancen, in der Wildnis möglichst lange zu überleben.

Denn aufmerksame Herdentiere warnen und verteidigen einander. Fressfeinde und Angreifer können sich Pferden daher nur schlecht nähern und gehen das Risiko ein, selbst Verletzungen davon zu tragen.

Dennoch werden Pferde oftmals einzeln gehalten. Die Begründung dafür lautet dann nicht selten, dass es sich um Einzelgänger handelt. Wir gehen den damit verbundenen Fragen, Ursachen und Auswirkungen für dich auf den Grund.

In diesem Beitrag erfährst du, warum die Haltung in der Herde für Pferde die natürlichere Wahl ist und welche Schwierigkeiten sich bei der Boxenhaltung ergeben können. Ebenso beleuchten wir, warum manche Pferde als Einzelgänger gelten.

Sind Pferde Einzelgänger?

Nein, Pferde sind von Natur aus keine Einzelgänger. Sie fühlen sich in der Herde wohl und sicherer.

Zudem besteht keine Gefahr für Vereinsamung, auch, wenn du einmal nur wenig Zeit für dein Tier hast.

Artgerechte Kommunikation und Sozialverhalten sind nur zwischen den Pferden möglich.

Wie sieht das Sozialverhalten von Pferden aus?

Das Sozialverhalten und die Kommunikation zwischen Pferden sind für viele Menschen zunächst befremdlich und schwierig einzuschätzen.

Umso wichtiger ist es, dass du dich umfassend damit auseinandersetzt.

Sozialverhalten von Pferden in der freien Wildbahn

In der Wildnis leben Pferde in Herden. Das verschafft ihnen gleich mehrere Vorteile.

Zum einen haben sie dadurch Kommunikationspartner. Zwischen den Tieren können sich sehr enge Freundschaften oder Beziehungen entwickeln, ebenso wie bei Menschen.

Sie kümmern sich umeinander, spielen gemeinsam, kuscheln und pflegen sich. Zudem passen sie aufeinander auf.

In einer Herde, die zusammen grast, können mehrere Tiere auf die Umgebung achten. Umso schneller fallen Raubtiere oder sonstige Gefahren auf.

Die Mitglieder der Herde warnen sich gegenseitig, sodass alle rechtzeitig fliehen und somit der Gefahr entgehen können.

In einer Pferde-Herde herrscht eine Hierarchie. Ein Leittier steht an der Spitze und alle anderen Mitglieder haben ihre eigenen Rollen.

Diese Rangordnung verändert sich mit der Zeit. Tiere werden erwachsen oder älter. Es kann daher zeitweise zu Konflikten kommen, um eine neue Reihenfolge festzulegen.

Allerdings hält das auch Junghengste nicht davon ab, sich in „Junggesellen“-Herden zusammenzutun. Hengste sind meist die Beschützer der Herde.

Dementsprechend können sie vermeintlichen Angreifern oder Konkurrenten gegenüber sehr aggressiv werden.

Dennoch suchen sie ebenfalls Sozialkontakte.

Sozialverhalten von Pferden in Menschenhaltung

Wenn Pferde von Menschen gehalten werden, bestehen in der Regel keine festen Herden.

Als Schutz vor Angreifern oder Raubtieren ist das aufgrund von Zäunen nicht überlebensnotwendig.

Hinzu kommt, dass ein Großteil der Pferde in Boxenhaltung lebt und somit direkter Kontakt aus Sicherheitsgründen vermieden wird.

Wachsen die Tiere bereits so auf, dass sie außer Sichtkontakt und dem Geruch anderer Pferde nur bei Ausritten reguliert mit Artgenossen interagieren können, ist das nachteilig.

Sie sind dann wie Menschen, die nie gelernt haben, die Sprache zu sprechen oder soziale Interaktionen richtig zu deuten.

Das kann zum einen dazu führen, dass sie andere Tiere mobben oder aber selbst gemobbt werden, wenn sie einmal die Gelegenheit zu direktem Kontakt mit Artgenossen haben.

Sie interpretieren die Kommunikation falsch und werden daher unsicher. Die Prägung, Gewöhnung und die Art der Herde spielen entscheidende Rollen.  

Was passiert, wenn man ein Pferd allein hält?

Das ist individuell unterschiedlich. Für manche Pferde reichen der Sichtkontakt und die Interaktion auf der Koppel oder bei einem Ausritt vollkommen aus.

Sie können sich in der Einzelhaltung sogar wohler fühlen. Hierbei handelt es sich jedoch um absolute Ausnahmen.

Andere leiden immens darunter, wenn sie keine sozialen Kontakte zu Artgenossen haben. Sie neigen dann zu Stress, Nervosität und Verhaltensstörungen.

Wenn dein Pferd lieber allein ist oder durch Artgenossen offensichtlich gestresst wird, können sich dahinter verschiedene Ursachen verbergen. Darunter:

  • fehlende Prägung und Sozialisierung
  • gesundheitliche Probleme wie Schmerzen
  • ungünstige Zusammenstellung der Gruppe
  • Raum zum Ausweichen reicht nicht aus
  • zu wenig Geduld bei der Gewöhnung aneinander

Anfangs kann es beispielsweise durchaus sinnvoll sein, Pferde auf getrennte Koppeln zu stellen. Hier haben sie sich im Blick, können sich aber ausweichen und ungestört voneinander sein.

Dabei zeigt sich am besten, sichersten und schnellsten, ob sich die Tiere vertragen.

Gleiches gilt bei den Nachbarn in der Box. Die Pferde sollten sich gut vertragen. Anderenfalls ist der Aufenthalt im Stall für sie anhaltender Stress, der sich nachteilig auf die Gesundheit auswirkt.

Hat dein Pferd lange Zeit sehr isoliert gelebt, ist viel Geduld erforderlich, um es (wieder) an Artgenossen zu gewöhnen.

Es benötigt Abstand, weite Flächen, um ausweichen zu können und die richtige Gesellschaft.

Letzteres ist eine Frage des Charakters. Manche alten Pferde blühen beispielsweise auf, wenn sie in einer jüngeren Gruppe stehen. Andere sind durch jüngere Tiere hingegen gestresst.

Einige mögen die ruhigere Art von Wallachen sehr gerne, andere möchten hingegen aktiver vergesellschaftet sein.

Kann man Pferde alternativ mit anderen Tieren halten?

Pferde sind soziale Tiere, die sich auch mit anderen Arten gut vergesellschaften lassen. Infrage kommen:

  • Rinder
  • Esel
  • Lamas und Alpakas
  • Ziegen

Vor allem Esel haben eine beruhigende und entspannende Wirkung auf Pferde und eignen sich daher in erster Linie für sehr nervöse und schreckhafte Tiere.

Eine vorherige Gewöhnung ist aber ebenso wie bei anderen Pferden in jedem Fall erforderlich.

Sozialleben von Pferden: Der Mensch ist kein Ersatz

Auch wenn du dein Pferd sehr häufig und lange beschäftigst, viel Zeit mit ihm verbringst und schöne Unternehmungen gestaltest, kannst du die Interaktion mit Artgenossen nicht ersetzen.

Oftmals sind es vor allem die Tiere, die sich als besonders anhänglich erweisen, die unter der Einsamkeit leiden und Hilfe beim Umgang mit anderen Pferden benötigen.

Falls du dich davon überfordert fühlst, ist das Einschalten eines erfahrenen und kompetenten Trainers sinnvoll.

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